Kamilluskreuz Die Kamillianische Familie

Kamillianische Familien
Handbuch
Teil 1 Kap.7 »

Inhaltsverzeichnis
die Kam. Familie
Statuten
Osteuropa
Briefe an die
   Kam. Familie

Handbuch für die
  Kam. Familie (PDF)

Gebete
Brief an Kamillus
Statistik
Adressen
Vorstand
Zeugnis
Artikel im Archiv
[zum Seitenende]
[zurück]
Was ist neu?
Aktuelles
Kamillianer auf einen Blick
Gesamtauswahl
Spiritualität
geistliche Impulse
Gebete
Orden weltweit
Österr.Provinz
Mitarbeiter gesucht
Missionswerk
Gesundheitsdienst
Kamill. Schwestern
Die Kamill. Familie
Kamillus von Lellis
Ordensgeschichte
Textsammlung
Literatur
Links
Archiv
Seitenübersicht
Stichwortverzeichnis
Kontakt

7. Kapitel

Die kamillianische Spiritualität

In der christlichen Spiritualität geht es um Erfahrung. Deshalb führt sie auch zu einer tieferen Kenntnis der Wirklichkeit Gottes. Gott sendet dem gläubigen Menschen seinen Geist und führt ihn so zu einer wachsenden Erkenntnis und einem tieferen Verständnis der Wirklichkeit. Die Vollkommenheit Gottes besteht also darin, dass er uns mit seiner Person vereinen will und uns seinen Geist gibt.

Die geistliche Erfahrung Jesu, seiner Jünger und auch die des Kamillus lässt sich im Kreuz zusammenfassen. Der geistliche Weg des hl. Kamillus seit seiner Bekehrung am 2. Februar 575 ist die Konsequenz eines mit der Erfahrung großen Leids verbundenen Lebens, aber gleichzeitig auch des Vertrauens und der Liebe, die Christus ihm entgegengebracht hat. Eine kamillianische Spiritualität, die nicht die Person Jesu in den Mittelpunkt stellt, hat keinen Wert und ist nicht authentisch.

Der hl. Kamillus orientierte sein Leben an Christus, vor allem am Gekreuzigten, an dem Mensch gewordenen Christus, der leidet, der Hunger hat, der krank ist, der sein Golgatha erfährt. Das Kreuz ist für Kamillus zweifellos die wichtigste Quelle seiner Spiritualität. Das Kreuz ist es auch, das zu den einfühlsamsten Gesten der Hingabe und Liebe zu den Kranken, den Pestkranken und den Ärmsten führt.

Für Kamillus sind die Kranken Quelle seiner Christus-Erfahrung und Grund zu seiner Nachfolge: „Die Kranken sind der Augapfel und das Herz Gottes“, daher sein Wort: „Legt mehr Herz in eure Hände!“

In einem seiner vielen Briefe an seine geschätzten Ordensleute ermahnte er sie, die Berufung in vollkommener Liebe zu Christus und zu seinen armen Kranken zu leben: „Darum, meine lieben Brüder, ahmen wir den klugen Diener des Evangeliums nach und die weisen Jungfrauen aus demselben Evangelium: Ich will sagen, dass wir den Wert unserer Berufung kennen und dass wir uns deshalb anstrengen, dass wir in diesem Dienst zu wahren und vollkommenen Arbeitern werden. Das ist nämlich der Wille des Herrn, der will, dass seine Pflanze in vielen Städten der Christenheit Wurzel fasst, um tausenden Seelen zu helfen. Glücklich sind wir, wenn wir ein so großes Gut schätzen können! Ist das nicht eine gute Nachricht, wenn der Herr uns sagt: Ich war krank und ihr seid gekommen, um mich zu besuchen. Kommt daher, ihr Gesegneten meines Vaters? Und an einer anderen Stelle sagt er: Alles, was ihr diesen Kleinsten getan habt, das habt ihr mir getan“ (Brief an die Professen und Novizen in Neapel vom 19. März 1595).

Der geistliche Reichtum des hl. Kamillus, seine große Liebe zu Christus dem Gekreuzigten und ihre Umsetzung im Krankendienst sowie seine große Sorge um die Ausbildung des Ordensnachwuchses lassen seine Spiritualität erkennen – eine Spiritualität, die zutiefst im Wort Gottes verankert ist, einfach ist in der Befolgung dieses Wortes und im Vertrauen auf das heilende Handeln Christi, das vor allem für die Leidenden Trost und Liebe bedeutet.

In großer Einfachheit verkörperte Kamillus die christliche Nächstenliebe und lebte sie. Manche Augenblicke in der Geschichte des Ordens beziehen sich auf heroische Taten in der Ausübung der Nächstenliebe. Die Anerkennung des Ordens geschah nach der großen römischen Pestepidemie, in der viele Kamillianer sich selbst mit der Pest angesteckt und ihr Leben geopfert hatten. In ihrer Liebe zu den Kranken hatten sie ihr Blut als Märtyrer der Nächstenliebe vergossen.

Aber von welcher Liebe sprach und lebte der hl. Kamillus? Aus welchem Grund und auf Grund welcher Handlungen wurde er von der Kirche als „Gigant der Nächstenliebe“ anerkannt? Die Antwort ist kurz, aber bedeutsam: Kamillus fühlte und lebte die unendliche Liebe Gottes. Er fühlte die tiefe Liebe Gottes, eine Erfahrung, die neue Horizonte eröffnet, die sogar bis zur Aufopferung des Lebens führt, die zu der Erkenntnis führt, dass einzig und allein zählt, Christus und die Menschen zu lieben. Zweifellos ist das bei Kamillus die Quelle der Nächstenliebe zu den Kranken.

Das Leben des Kamillus lässt sich nur verstehen, wenn man von der Liebe ausgeht. Ihre Fruchtbarkeit und Hingabe sind Hinweise auf das geistliche Leben des Gläubigen. Aus diesem Grund besteht die kamillianische Spiritualität darin, die im Evangelium erfahrbare Liebe Christi zu leben und die frohe Botschaft des Heils, die Solidarität und die Liebe allen Leidenden zu vermitteln.

In den „Regeln, den armen Kranken mit aller Sorgfalt zu dienen“ (Mailand, Juni 1613) finden wir eine ganz besondere Regel, die wichtig ist, wenn man die kamillianische Spiritualität kennen lernen und verstehen will. In allen Regeln spürt man seine Sorge um die Kranken, aber vor allem die besondere Betonung der Nächstenliebe: eine gelebte und praktizierte Menschenliebe, mit der alleinigen Sorge, die armen Kranken mit der Liebe Christi zu lieben: „Wenn es bei den Kranken Zeit zum Mittagessen wird, erfülle ein jeder seine ihm eigene Aufgabe. Während des Mittagessens gehe man eifrig herum, um den Schwächsten zu helfen. Im Winter decke man sie zu, um sie vor der Kälte zu schützen. Wenn ihr dann die kleinen Tische weggenommen habt, stellt sie zwischen die Betten.“

Das ist eine Liebe zu den Leidenden, die sich mit der tiefen Liebe zu Christus verbindet, eine Liebe, die dazu führt, sich um die kleinsten Einzelheiten zu kümmern, und die das Leiden der Kranken zu lindern und ihnen beizustehen sucht. Eine große Sorge um den Leib, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist: den Leib des Kranken lieben, um ihn zur grenzenlosen Liebe Gottes zu führen.

In der Spiritualität des Kamillus vereinen sich in einer sehr engen Weise Leib und Seele. Die Nächstenliebe ist praxisbezogen, sie baut auf und verstärkt die Herzlichkeit. Die Vorgangsweise besteht vor allem darin, die Liebe Jesu zu den Armen und Leidenden sichtbar zu machen.

Das alles lässt seine Spiritualität echt und aktuell erscheinen. Die Aufgabe in unserer Zeit besteht darin, diese Regeln, wie sie Kamillus vorgelebt hat, in die Tat umzusetzen und zu aktualisieren. Unsere Sendung in der Kirche und der Gesellschaft heute wird darin bestehen, die Welt des Leidens und die Gebrochenheit unserer Gesellschaft mit Hingabe und der Kraft der Nächstenliebe umzugestalten und zu erhellen. Werden wir die Gabe und das Engagement wie Kamillus haben und zu neuen Giganten der Nächstenliebe werden?

Zur Diskussion

Was bedeutet christliche Spiritualität? Was sind unsere Aufgaben, wie sie aus der besonderen kamillianischen Spiritualität hervorgehen?

Aus der Heiligen Schrift

„Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter.

Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter. Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.

Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso!“ (Lk 10,29–37).

Impulse

Wir beten

O Gott, unendliche Vorsehung, Zuflucht der Leidenden,
höre auf das Gebet, das wir zu dir senden für die Menschen, die leiden.
Ermuntere und stärke die Kranken und Schwachen, die Alten und Sterbenden.
Gib denen, die für sie sorgen, fachliche Kenntnis und Mitleid.
Erleuchte sie, dass ihr Tun Erleichterung,
ihre Worte Licht und ihre Liebe Stärkung geben.
Wir empfehlen dir besonders die mutlosen ungeduldigen
Kranken, die in der Versuchung Hin- und Hergerissenen,
von Leidenschaften Geplagten, die durch menschliche
Unvollkommenheit Verwundeten oder Geschädigten.

Gib uns Herr, deinen Geist der Liebe, des Verständnisses und
der Entsagung, damit wir wirksame Hilfe bringen all denen,
denen wir auf unserem Weg als kranke und leidende Menschen begegnen.

Hilf uns, auf ihren Schrei zu antworten, denn es ist dein Anruf an uns.
Amen

Aus einem altchristlichen Gebet

© Kamillianer 2013 - [Stand: 14.10.2013]      Kapitel 6    Inhaltsverzeichnis   zurück      nach oben      Kapitel 8