Rom, 29. September 2005
Lieber heiliger Kamillus!
Wenn du in unseren Tagen durch Rom gehst, wirst du sicher staunen. Zu deiner Zeit war Rom eine ungesunde, von regelmäßigen Seuchen und Hungersnöten heimgesuchte Stadt. In den Straßen versank man bei Regen fast im Schlamm, im Sommer war der Aufenthalt in der Stadt wegen der Hitze und Seuchengefahr lebensgefährlich. Ehrlich, ich bin froh, dass das heute nicht mehr so ist.
Rom war deine Schicksalsstadt. Es war ein weiter Weg für dich vom spiel- und streitsüchtigen Krankenpfleger über deinen vorbildlichen Dienst nach deiner Bekehrung am selben Krankenhaus, dem Hl.-Geist-Spital, bis zum Gründer des Ordens der Diener der Kranken. Ich sehe dich vor mir, wie du mit deinem schmerzenden Fuß durch die Straßen Roms eilst, wie du Halbverhungerte und fast Erfrorene in den elendsten Löchern, ja sogar im Mist vergraben, aufsuchst, um ihnen beizustehen.
Du hast gelebt, was du mit so brennenden Worten gesagt hast: Es ist keine rechte Frömmigkeit, wenn dabei die Werke der Nächstenliebe vernachlässigt werden. Für mich gibt es eine Frömmigkeit der Tätigkeit, die die Arbeit zum Gebet macht ... Der Herr will von uns Werke der Liebe. Ich sehe lieber die Ordensleute gerüstet für den Ruf zu den Sterbenden als in Ekstase in der Zelle.
Lieber heiliger Kamillus, ich gefalle mir oft darin, schöne, hochfliegende Gedanken zu denken, die keine Auswirkungen auf mein Leben haben. Bitte, hilf du mir, behutsam und mit hörendem Herzen für die anderen Menschen da zu sein.
Aus Rom grüßt dich
deine Kamilla
[ zur Themenübersicht ] - zurück - [ 3. Brief ] [ Wallfahrtsbriefe - Übersicht ] [ 5. Brief ]
© Kamillianer 2006 - [Stand: 04.05.2006]css