Kamilluskreuz Die Kamillianische Familie

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Brief des früheren Generaloberen Angelo Brusco

An die Kamillianische Familie


P. Dr. Angelo Brusco leitete von 1989 bis 2001 den Kamillianerorden. Ein Schwerpunkt war für ihn die Zusammenarbeit von Ordensleuten und Laien. Unter dem Titel "Vereint in der gemeinsamen Sendung" schrieb er 1991 einen grundlegenden Brief "an die in das Leben und den Dienst der kamillianischen Ordensleute einbezogenen Laien". Während seiner Amtszeit haben die Kamillianischen Familien einen starken Aufschwung erlebt und erhielten gleichsam als Krönung 1998 ihre Verfassung (= Generalstatut). Am 4. April 2001 legte P. Brusco in einem Brief noch einmal die wichtigsten Grundzüge der Kamillianischen Familien dar: Es geht um die Selbständigkeit und die Zusammenarbeit in einer Gemeinschaft von Laien, die von einer eigenen Spiritualität geprägt ist.


Euch alle möge mein herzlicher und brüderlicher Gruß erreichen. Bevor ich meine Amtszeit als Generalsuperior beende, möchte ich diesen kurzen Brief an euch richten, um euch teilhaben zu lassen an einigen Überlegungen und Gefühlen über die Kamillianische Familie, der ihr als Laien angehört.

Ich habe im Jahre 1991 ein langes Schreiben an alle Laien gerichtet, die geeint in der gemeinsamen Berufung des Ordens der Kamillianer auf vielfältige Weise den Kranken dienen und die Gesundheit fördern. In diesem Dokument habe ich die Kamillianische Familie als eine Gruppe dargestellt, die sich von anderen dadurch unterscheidet, dass sie den Wunsch hat, die eigene Berufung im Lichte der Spiritualität des hl. Kamillus zu leben.

Von damals bis heute hat die Kamillianische Familie eine bewundernswerte Entwicklung genommen, hat eine eigene Identität gefunden und ist eine wahre Gemeinschaft geworden. Sie ist nicht nur in der Mitgliederzahl gewachsen, sondern hat auch ihre Identität geklärt. Das ist geschehen dank der Arbeit der vom Generalkapitel 1995 eingesetzten speziellen Kommission und dank der Initiative vieler Frauen und Männer aus dem Laienstand, die sich dafür eingesetzt haben, dass diese Gemeinschaft durch ihr Wort und ihr Lebenszeugnis bekannt gemacht wurde.

P. Angelo Brusco und Frau Isabel Calderon
P. Angelo Brusco mit Frau Isabel Calderon, Vorsitzende der Kamillianischen Familie auf Weltebene

Die bedeutendste Frucht der Kommissionsarbeit ist die Verfassung des "Generalstatuts der Kamillianischen Familie", das vom Generalrat anerkannt und dann an die verschiedenen Provinzen und Delegationen für eine Zeit der Erprobung bis zum Generalkapitel (2001) ausgesandt wurde.

Die Bedeutung des Generalstatuts, das an die verschiedenen örtlichen Erfordernisse angepasst werden kann, besteht darin, dass es der Kamillianischen Familie jene Struktur gibt, die notwendig ist, damit sie ihre Ziele besser erreichen kann. Es handelt sich nicht um eine „Zwangsjacke", sondern um ein Instrument zur Förderung des Wachstums der Gemeinschaft, um die Kontinuität zu garantieren, und die Mitverantwortung der Mitglieder anzuregen.

Es war für mich in den zwölf Jahren eine große Freude, die positive Entwicklung der Kamillianischen Familie festzustellen. Während meiner Besuche in den Provinzen und Delegationen war die Begegnung mit euch immer ein wichtiger Punkt in meinem Programm. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, den Geist, der euch erfüllt, die Arbeit, die ihr für die Kranken leistet und die Liebe, die Ihr zum heiligen Kamillus und zu dem von ihm gegründeten Orden habt, zu bewundern.

Diese Werte habe ich in allen Gruppen gefunden, die ich getroffen habe, auch wenn der Weg, den sie gehen, von Ort zu Ort verschieden ist. In einigen Provinzen und Delegationen hat die Kamillianische Familie eine lange und bestätigte Tradition, in anderen hat sie gerade erst angefangen. Es gibt auch Orte, wo die Gemeinschaft auf einen offiziellen „Start" wartet. Ich glaube, dass man den Weg und die Entwicklung der Kamillianischen Familie nicht mehr aufhalten oder umkehren kann.

Für euer gutes Beispiel, das ihr mir gegeben habt, und für den Ausdruck eurer Verbundenheit danke ich euch. Ich möchte euch aber auch einige Punkte des Wachstums aufzeigen, über die nach meiner Meinung die Kamillianische Familie nachzudenken und sich zu engagieren aufgerufen ist.

Zehn Jahre Kamillianische Familien in Ungarn
16. November 2002: Zehn Jahre Kamillianische Familien in Ungarn.
Festgottesdienst in der Kirche St. Lorenz in Budapest


1. Autonomie und Zusammenarbeit.

Eure Gemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Laien, auch wenn Priester und Ordensleute Mitglieder sein können. Als eine solche Laiengemeinschaft muss sie von Mitgliedern, die Laien sind, geführt werden. Das führt zu einer Selbständigkeit, die fortschreitend anzunehmen und in Verantwortung auszuüben ist. Gleichzeitig ist die Kamillianische Familie an den Kamillianer Orden gebunden, von dessen Charisma und Spiritualität sie geistig geprägt und inspiriert ist. Daraus folgt notwendig eine geschwisterliche und enge Verbundenheit und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft der Kamillianischen Familie und den Kamillianern (Ordensleutenen). Sowohl das Generalstatut als auch das Provinzialstatut sieht einen Kamillianer als geistlichen Begleiter vor. Es ist klar, dass sich die Beziehungen nicht darauf beschränken dürfen. Es ist notwendig, Formen der Kommunikation und des Austausches zu finden, die eine gegenseitige Hilfe ermöglichen, das Charisma des hl. Kamillus zu leben und zu verwirklichen, ohne die Unterschiede, die sich aus dem jeweils eigenen Lebensstand ergeben, außer Acht zu lassen.



2. Die Kamillianische Familie als Gemeinschaft von Laien

Weil die Kamillianische Familie aus Laienmitgliedern gebildet ist, muss sie darauf bedacht sein, dass ihre Mitglieder das kamillianische Charisma und die kamillianische Spiritualität in Übereinstimmung mit ihren Lebensbedingungen als Laien leben.

Wie ich schon bei anderen Anlässen geschrieben habe, um euch am kamillianischen Charisma teilhaben zu lassen, wollen wir aus euch keine halben oder ganzen Ordensleute machen. Wir wollen euch auch nicht aus der kirchlichen Verbundheit mit eurer Pfarre oder Diözese herauslösen. Das wäre gegen das Bild der Kirche als Communio.

Das Ziel eurer Einbindung in die gemeinsame Sendung ist es, in eurem Herzen die kamillianische Botschaft von der Barmherzigkeit zu den Kranken aufklingen zu lassen. Sie soll eure christliche Berufung, eure ganze Arbeit und alle von euch veranlaßten karitativen Initiativen durchdringen. Das Charisma der Nächstenliebe zu den Leidenden ist nicht Eigenbesitz der Kamilianer, sondern gehört der Gemeinschaft der Kirche.

Durch die Teilnahme von euch Laien am kamillianischen Charisma gewinnt dieses an Reichtum, weil es von euch in die Perspektive eurer besonderen Welt- Sendung im Bereich der Familie, in der Ausübung des Berufes, in der freien Entscheidung für einen ehrenamtlichen Dienst und in den Zusammenhang mit der Erfahrung des Leidens gestellt ist. Wie vielfältig sind doch die Weisen, den Dienst an den Kranken und die Förderung der Gesundheit zu sehen und zu leben! Sie sind abhängig vom Geschlecht, von der Psychologie der Person, von der Kultur, vom Eingefügtsein in eine bestimmte Umgebung, vom politischen Interesse.

Der Auftrag von Christus, die Welt der Gesundheit und des Leides zu ordnen, kann viel weitreichender und wirksamer erfüllt werden, wenn Ordensleute und Laien geeint sind durch das selbe Charisma und den Geist der gegenseitigen Ergänzung.

Zehn Jahre Kamillianische Familien in Ungarn
16. November 2002: Feier des zehnjährigen Bestehens der Kamillianischen Familien Ungarns

3. Eine eigene Spiritualität

Auch eure Spiritualität soll einen eigenen Charakter haben, geprägt durch euren Laienstand, dem ihr angehört. Durch die Taufe gleichgestaltet mit Christus, sucht ihr in eurer Person und in eurem Leben jene Eigenschaften darzustellen, die Jesus zum göttlichen Samaritan der Seelen, der Körper und zum Förderer des ganzheitlichen Heiles der menschlichen Person gemacht haben. Diesen Auftrag, der aus der Taufe kommt, ins tägliche Leben – in den Bereich der Familie, in die Arbeit, in die freiwillige Tätigkeit – zu übertragen, fordert eine tiefe Verbundenheit mit dem Herrn durch die Betrachtung des Wortes Gottes, durch das Gebet und durch die Sakramente. Christliches Leben im Lichte des kamillianischen Charismas bedeutet, das Leben zu lieben und andere die Liebe zum Leben zu lehren, indem man die Schönheit und das Positive findet auch in den Momenten des Leidens und des Todes. In dieser Sendung ist der Christ nicht angetrieben von einem wahnsinnigen Optimismus, sondern durch die Hoffnung, die auf die Gewissheit gestützt ist, dass Christus die Sünde und den Tod überwunden hat. Diese Hoffnung treibt den Christen dazu an, sich selbst ganz für das Reich Gottes hinzugeben ...

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[Stand: 06.09.04]css