Vom 7. bis 14. November 2007 kam in Rom die neu gewählte Generalleitung des Kamillianerordens mit den rund 19 Provinzialen, Vizeprovinzialen und Delegaten aus aller Welt zusammen. Dabei ging es um die Nacharbeit zum Generalkapitel, das vom 3. bis 19. Mai 2007 in Arricia bei Rom stattgefunden hatte. Im Folgenden einige Gedanken aus der Eröffnungsansprache des Generaloberen.
Dieses 56. Generalkapitel war ein wichtiges Ereignis für unseren Orden. Viele Anregungen unserer Mitbrüder sind aufgegriffen worden und sollen nun zur Verbesserung unseres Lebens und Dienstes als Kamillianer beitragen. Besonders sollten wir uns unserer prophetischen Mission in der Welt der Gesundheit bewusst werden. Dabei geht es um die Forderungen von Gerechtigkeit und Solidarität.
Das Treffen heute gilt vor allem juridischen Fragen. Unser Orden ist sehr dezentral strukturiert. Deshalb möchten wir alle Provinzen, Vizeprovinzen und Delegationen in die Entscheidungen mit einbeziehen.
Außerdem ist unsere Begegnung eine Anregung, sich auch für das Leben der anderen Gemeinschaften und Provinzen zu interessieren und einander auszutauschen. Dieser Austausch schließt auch den personellen und materiellen Austausch mit ein. Unsere Welt ist klein geworden wie ein Dorf. Das erlaubt es uns nicht mehr, uns in Selbstgenügsamkeit abzuschließen.
Besonders beschäftigen wird uns das Schreiben des Generalkapitels mit seinen abschließenden Leitlinien unter dem Motto: „Gemeinsam für Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt der Gesundheit”.
Außerdem legen wir den Entwurf eines Programms für die Kamillianischen Familien vor, das die Sekretariate für die Ausbildung, die Mission und „Unser Dienst” entworfen haben.
Wir haben intensive Tage der Spiritualität, menschlicher Begegnung und gegenseitiger Bereicherung vor uns. Jeder von uns hat verantwortungsvolle Aufgaben zu tragen. Beginnen wir mit Freude dieses Treffen und erbitten wir den Segen unseres Gründers, des hl. Kamillus von Lellis.
P. Dr. Renato Salvatore, Generaloberer
56. GENERALKAPITEL
„Gemeinsam für Gerechtigkeit und Solidarität
in der Welt der Gesundheit”
Diese Leitlinien sind das Ergebnis der Arbeit des Generalrats und der Kapitelteilnehmer. Sie werden den Mitbrüdern des Ordens vorgelegt für eine neue Betrachtungsweise unseres Charismas unter dem Gesichtspunkt des Kapitelthemas, besonders der prophetischen Sendung der Kamillianer in der Welt der Gesundheit.
Charisma und geistliches Leben
1. Unser Leben als Kamillianer ist von seinem Wesen her Prophetie in allen seinen Elementen (Charisma, Spiritualität, Gemeinschaft und Dienst). Deshalb sind wir gerufen, unseren Dienst der Prophetie auszuüben durch Verkündigung und Aufzeigen von Missständen, im kirchlichen wie im gesellschaftlichen und politischen Bereich. Da uns die Prophetie an die Radikalität unseres Dienstes erinnert und vor allem durch das Zeugnis unseres Lebens ausgeübt wird, halten wir es für unumgänglich, in den nächsten Jahren unsere besondere Aufmerksamkeit auf Folgendes zu richten:
Unser Dienst
2. Der Orden soll im Bereich der Gerechtigkeit präsent sein und mit genügend Gewicht die offenkundigen Ungerechtigkeiten in der Welt der Gesundheit aufzeigen, z. B. die Patentrechte für Medikamente, Fälle von Unmenschlichkeit usw. Zu diesem Zweck sind Aktivitäten zu fördern, die die Sozial- und Gesundheitspolitik durch einflussreiche Personen und mit angemessenen Mitteln beeinflussen. Außerdem erscheint es uns angebracht, an Entscheidungsgremien wie Ethik-Komitees und Ähnliches teilzunehmen.
3. Das Leitbild „Unsere Werke” ist bekannt zu machen und umzusetzen. Nach dem Beispiel des hl. Kamillus sollen wir Anwälte der Kranken, der Ausgegrenzten und der Armen in der Welt der Gesundheit sein. Dazu sollen das Camillianum, die Pastoral- und Humanisierungszentren, die Universitäten und die Krankenpflegeschulen eingebunden sein, um eine christliche Anthropologie der Person zu fördern.
4. Der Orden soll die verdienstvollen Aktivitäten auf dem Gebiet des HIV/AIDS-Hilfe fortführen, die eine Möglichkeit sind, gegen die Stigmatisierung zu wirken, unter der die betroffenen Kranken leiden.
Wir spüren stark die Verpflichtung, an der Vorsorge, an der Assistenz, an der Medikamentenfindung und deren Verfügbarkeit für die Kranken mitzuhelfen. Ein anderes Einsatzgebiet scheint uns jenes der anderen Infektionskrankheiten zu sein, die in vielen Ländern wirkliche Epidemien darstellen (Lepra, Burulis Ulkus, Tuberkulose, Malaria ...). Die Kamillianer werden ihre besondere Aufmerksamkeit auch auf diese Kranken richten im Bewusstsein, dass sie in vielen Gesellschaften die wirklich Letzten auf der sozialen Stufenleiter sind.
5. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die ökologischen Probleme. Deshalb ist unser Einsatz gefragt in der Erziehung und Sensibilisierung für einen größeren Respekt vor der Umwelt und im sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen, sowie in der Vermeidung von Gefahren, die mit dem schlechten Gebrauch bzw. Missbrauch der Technologie verbunden sind. Unter anderem ist eine größere Vorsicht gefordert im Erwerb von Nahrungs- und Arzneimitteln bei Firmen, die direkt verwickelt sind in Geschäften zum Schaden der Entwicklungsländer. Ebenso ist zu vermeiden, bei Kreditinstituten und Banken Gelder anzulegen, die verwickelt sind in der Produktion von und im Handel mit Waffen.
6. Wenn der Orden notwendigerweise die Seelsorge in Pfarren übernimmt, sollen sie typisch kamillianische Charakterzüge tragen und als „offene Spitäler” angesehen werden. In ihnen soll der Arme und Kranke an die erste Stelle gestellt werden, indem besonders die häusliche Betreuung gepflegt wird, die der hl. Kamillus als „Mare magnum - großes Meer” der Liebe gesehen hat. Es ist zu wünschen, dass die Pfarren Zentren zur Förderung der Krankenpastoral werden.
7. Es soll eine „Kommission für Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt der Gesundheit” eingerichtet werden auf der Ebene der Ordenszentrale und, wenn möglich, auf der Ebene der Provinzen, Vizeprovinzen und Delegationen: „Die Liebe bedarf auch der Organisation als Voraussetzung für geordnetes gemeinschaftliches Dienen (Enzyklika „Deus caritas est, Nr. 20).
Zusammenarbeit
8. Es ist unsere Verantwortung, gemeinsam für Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt der Gesundheit zu arbeiten, indem wir eine gute Zusammenarbeit zwischen den Provinzen, Delegationen und der großen Familie des hl. Kamillus fördern, genauso wie mit den Laien.
Die Zusammenarbeit zwischen uns und den Laien in diesem Einsatz zeigt sich in verschiedenen Formen:
9. In Übereinstimmung mit der Tatsache, dass es unsere Aufgabe ist, die Laien anzuregen, am politischen und gesellschaftlichen Leben teilzunehmen und wagemutig präsent zu sein, eröffnet sich für uns Kamillianer die Möglichkeit:
Ausbildung
10. Es wird als sehr wichtig angesehen, das Wissen um die Soziallehre der Kirche zu vertiefen. Man führe deren Studium als integralen Teil des Ausbildungs-Curriculums ein, sowohl in der Basisausbildung, als auch in der Weiterbildung der Ordensmitbrüder. Darüber hinaus ist zu wünschen, dass sich einige speziell ausbilden auf dem gebiet, der den Gesundheitsdienst direkt betrifft, um andere ausbilden zu können.
11. Während der Ausbildung soll eine dauernde und konkrete Erfahrung mit den Armen und Kranken gefördert werden. Eingeschlossen sei dabei eine ganzheitliche Betreuung des Kranken im Geist des hl. Kamillus.
Kapiteldokument
12. Der Generalrat soll sich dafür einsetzen, das Dokument des Generalkapitels „Gemeinsam für Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt der Gesundheit” ausgearbeitet und im Orden verwurzelt wird. Ziel ist, eine Kultur im Bezug auf das Thema zu schaffen, die den Anleitungen der erarbeiteten Ergebnisse des Kapitels folgt.
© Kamillianer 2007[Stand: 22.12.2007]css