[ zur Themenübersicht ] - Eine starke Frau: Mariedl Fischnaller - 'Kamillus Heute' März 2021
Eine starke Frau
Ein aktuelles Buch erzählt mosaikartig das Leben von Mariedl Fischnaller. Sie war die Pionierin des Blindenapostolats Südtirol und der Kamillianischen Familie.
„Am Anfang stand die Tatsache: Ich sehe nicht mehr. Am Anfang stand die Überzeugung: Blinde sind Menschen, die allzu oft an ihrer Entfaltung gehindert werden. Am Anfang stand das unerschütterliche Vertrauen: Die Behinderung ist Auftrag, das Leben so zu gestalten, dass es fruchtbar wird für die Blinden Südtirols und darüber hinaus.“ Mit diesen Worten beschrieb Mariedl Fischnaller anlässlich „50 Jahre Blindenapostolat“ ihre Lebensaufgabe.
Maria Fischnaller wird 1933 in Lüsen bei Brixen geboren. Während ihrer Volksschulzeit verschlechtert sich ihre Sehkraft, sie wird völlig blind. Maria besucht die Blindenanstalt in Innsbruck, wo sie das Maschinstricken erlernt. Zur gleichen Zeit beginnt sie Kontakte zu Betroffenen zu knüpfen. 1956, mit 23 Jahren, gründet sie zusammen mit einem Kreis anderer Blinder das Blindenapostolat Südtirol, die erste private Selbsthilfeorganisation des Landes. Getragen von einem tiefen Gottvertrauen geht es ihr vor allem um die religiöse und kulturelle Betreuung der deutschsprachigen blinden und sehbehinderten Menschen in Südtirol. Ihr Wunsch nach einem Heim für Blinde und Sehbehinderte, einer Ausbildungsstätte und einem Treffpunkt für alle Sehbehinderten und Blinden Südtirols erfüllt sich durch das Geschenk eines Grundstücks in Gries. 1976 erfolgt die Grundsteinlegung, 1979 ziehen die ersten Heimbewohner ein und am 26. April 1980 wird das Blindenzentrum St. Raphael offiziell eingeweiht.
Maria Fischnaller engagiert sich für die Ausbildung und Umschulung von Blinden in Südtirol, setzt sich für die Schaffung von Arbeitsplätzen für Blinde ein, veranstaltet regelmäßige Treffen, organisiert Freizeitwochen und Bildungsreisen und Blindenbildungswochen, knüpft ständig neue Kontakte auch über Südtirol hinaus, gewinnt Freunde und Unterstützer im In- und Ausland, vernetzt sich mit anderen Blindenverbänden und mit Pfarrgemeinden. 1981 gründet sie zusammen mit Kamillianerpater Paul Haschek die Kamillianische Familie, eine Gemeinschaft von Blinden, Körperbehinderten und ihren Begleitern. Diese trifft sich bis heute regelmäßig.
1984 reist Mariedl Fischnaller nach Thailand und besucht dort Blinde und Aussätzige. Aus dieser Reise entsteht der erste Hörbrief für Blinde. Er erreicht mittlerweile 800 HörerInnen im In- und Ausland. Kolumbien und wiederholt Thailand, wo sie die kamillanischen Missionsstationen besucht, sind weitere Reiseziele Mariedls. Sie fördert Entwicklungsprojekte, vermittelt Patenschaften für Kinder von Behinderten, Leprakranken, Flüchtlingen und Rauschgiftsüchtigen in Thailand sowie für die Straßenkinder von Manila auf den Philippinen.
Von Anfang an ist Mariedl Mitglied des österreichischen Blindenapostolats. Seit dem „Jahr des Behinderten“ 1981 organisiert sie jährlich Glaubensseminare, Reisen und Wallfahrten für das Blindenapostolat und die Kamillianische Familie. In vielen nationalen und internationalen Vereinigungen setzt sie sich für die Blinden und Behinderten ein. Vielfach wird sie für ihr Engagement ausgezeichnet.
Plötzlich und unerwartet verstirbt Maria Fischnaller am 10. Mai 2014 in der Lichtenburg während eines Glaubensseminars am Vorabend einer großen Jubiläumsfeier zum 400. Todestag des heiligen Kamillus. Ihre Initiativen führen der Vorstand des Blindenapostolates Südtirol und eine Kerngruppe der Kamillianischen Familie weiter.
Buchtipp:
Margot Worbis,
Mariedl Fischnaller. Blindsein war ihre Berufung.
Athesia Verlag, Bozen 2020
[ zur Themenübersicht ] - zurück - [ Aktuelles ] [ Neues auf den Seiten ] [ zur Seitenübersicht ]
© Kamillianer 2021 - Stand: 22.03.2021