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Dem Auftrag Jesu ein Gesicht geben
Festpredigt von P. Julien Slanon beim Kamillusfest in Wien am 7. Juli 2019
„In jener Zeit suchte der Herr zweiundsiebzig andere Jünger aus und sandte sie zu zweit voraus in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte“. Liebe Brüder und Schwestern, Jesus macht seine Jünger und uns heute zu seinen Vertretern und Vertreterinnen, wohin er selbst gehen wollte, heißt es im Evangelium. Das setzt voraus, dass er uns vertraut. Gott vertraut uns, er rechnet mit uns; wir sind seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Aber ist uns das bewusst? Sind wir davon überzeugt? Und wenn Gott uns vertraut, wie ist unser Vertrauen zu ihm und zu uns selbst?
Ja, liebe Brüder und Schwestern, auf Grund seines großen Vertrauens zu uns lässt Jesus uns an seinem Werk des Heils der Welt teilhaben. Als Boten und Botinnen des Friedens sind wir gesandt, um ins Alltagsleben der Mitmenschen zu treten, ihre Angst und Hoffnung, Trauer und Freude zu teilen und ihnen die Nähe des Reiches Gottes, die Zuwendung Gottes durch Wort und Tat zu verkünden und sichtbar zu machen. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, gab Jesus den Jüngern Bedingungen, die sie verpflichten, sich nur auf Gottes Vorsehung und Vertrauen zu verlassen und nicht auf ihre eigenen Leistungen. Als Jünger und Jüngerinnen Jesu sollen wir unsere Hoffnung und Zuversicht auf Gott setzen. Aber ist es immer so? Es ist bemerkenswert, dass Jesus die Jünger zu zweit sandte. Auch wenn gemäß der damaligen Tradition eine Botschaft glaubwürdig und annehmbar ist, wenn sie von mindestens zwei Personen gebracht wird, sehe ich darin trotzdem die Gemeinschaft, die Solidarität und das Miteinandersein, mit denen die Jünger und wir heute an der Botschaft Jesu weiter mitwirken müssen. Aber wie verwirklichen wir heute diese Solidarität und Gemeinschaft in unserer Umgebung?
Es geht dabei darum, liebe Brüder und Schwestern, unsere Aufmerksamkeit zu schärfen, um zu entdecken, wo es einen Bedarf zu erfüllen gibt und uns dafür einzusetzen. Jesus hat zum Beispiel im Evangelium die Not gesehen, dass es vor der großen Ernte wenig Arbeiter gibt. Dann fordert er zunächst von den Jüngern das Gebet und danach sendet er sie. Gebet und Aktion gehören zusammen, damit wir nicht in die Gefahr des Aktivismus geraten. Aber wie gleichen wir in unserem Alltag Gebets- und Aktionszeiten aus?
Wie Jesus hat auch Kamillus mit seiner Aufmerksamkeit die Not und das Leid der Kranken seiner Zeit gesehen und hat sich dafür eingesetzt, in dem er den Orden der Krankendiener (Kamillianer) gegründet hat. Er und wir Kamillianer heute versuchen, dem Auftrag Jesu „Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten, das Reich Gottes ist euch nahe“ ein Gesicht zu geben. Wo wir im Einsatz sind, soll man die Zärtlichkeit Gottes erfahren. Denn die goldene Regel der neuen Schule der Liebe, die Kamillus gegründet hat, ist, „sich selbstlos in den barmherzigen und aufopferungsvollen Dienst für die Hilfsbedürftigen zu stellen“. In diesen hilfesuchenden Menschen erkennen wir die Würde und das Antlitz Christi. Und so dienen wir diesen Menschen als ob wir täglich in ihnen dem bedürftigen, kranken und leidenden Christus begegneten. Und das ist unsere kamillianische Spiritualität: Jesus in den Kranken und Bedürftigen zu dienen und ihnen gleichzeitig die Liebe Gottes zu offenbaren. Auf Grund dieser Spiritualität und auch aufgrund dessen, dass jede Person Gottes Abbild ist, bieten wir unseren Dienst und unsere Aufmerksamkeit allen Menschen an. Jede Person, gleich welcher Religionszugehörigkeit, Kultur, Hautfarbe, gesellschaftlicher (sozialer) Position, … heißen wir willkommen. Immer wieder muss ich im Krankenhaus erklären, dass ich nicht nur für die Katholiken da bin, sondern für alle, die meinen Dienst annehmen möchten.
Wie Jesus die Jünger zu zweit gesandt hat, leben auch wir Kamillianer in der Gemeinschaft, im Kloster, wo wir einander ergänzen können oder müssen, um mehr im Dienst der Kranken zu wirken. Aber es ist auch eine Herausforderung der gegenseitigen Wertschätzung und Annahme der Unterschiede. Denn wo Güte und Liebe sind, wo wir Freundschaft und Brüderlichkeit pflegen, da ist Gott, der uns vertraut und uns sendet, seine barmherzige Liebe allen Menschen zu verkünden.
Ja, liebe Brüder und Schwestern, nehmen wir den heutigen Auftrag Jesu wahr und versuchen wir jeder in seiner Art, wie er oder sie es am besten kann, mit dem Nächsten eine Beziehung aufzubauen und den Frieden zu stiften. Kamillus hat sich den Kranken gewidmet und du, wie willst du deinem Glauben ein Gesicht geben und das Reich Gottes verkünden? Möge die Fürsprache der seligen Jungfrau Maria, Heil der Kranken, uns alle unterstützen. Amen.
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