Am 6. Februar 2005 starb in São Paulo in Brasilien P. Dr. Calisto Vendrame im 78. Lebensjahr. Von 1977 bis 1989 leitete er als Generaloberer den Kamillianerorden. In den zwölf Jahren seiner Amtszeit konnte viel von dem durch das Zweite Vatikanische Konzil angeregten Erneuerungsprozeß des Ordens erfolgreich werden.
Papst Johannes Paul II. wird beim Besuch im Generalat der Kamillianer von Pater Calisto Vendrame begrüßt.
Calisto Vendrame wurde am 6. Juli 1927 als Sohn einer aus Italien nach Brasilien ausgewanderten Familie in Barro im Bundesstaat Rio Grande do Sul geboren. 1943 trat er in den Kamillianerorden ein und legte 1947 seine Ewige Profeß ab. 1949 wurde er zum Priester geweiht. Anschließend studierte er in Rom Theologie und Bibelwissenschaft. Seitdem war die Heilige Schrift für ihn die wichtigste Lebensquelle. Immer wieder wurde er zu Vorträgen, Konferenzen und Exerzitien eingeladen. Dabei sprach er mit der Tiefe eines Mannes, der ganz vom Wort Gottes ergriffen ist.
P. Calisto blieb zeitlebens ein Mann der Wissenschaft. Seine Bibliothek enthielt Werke in portugiesischer, lateinischer, italienischer, spanischer, französischer, englischer und deutscher Sprache ebenso wie griechische und hebräische Texte, die er für sein Bibelstudium brauchte.
1954 kehrte P. Vendrame von Rom nach Brasilien zurück und wurde Professor für Bibelwissenschaft und Dogmatik. 1959 wählte ihn die brasilianische Provinz zum ersten Mal für sechs Jahre zum Provinzial.
Mitglied der Ordensleitung
Unmittelbar nach Abschluß des Zweiten Vatikanums, 1965, kam P. Calisto für sechs Jahre als Generalrat erneut nach Rom. An der Seite des damaligen Generaloberen P. Forsenio Vezzani und des Generalvikar P. Dr. Heinrich Dammig arbeitete er nun in der obersten Ordensleitung mit. In dieser Zeit begann der wichtige Erneuerungsprozeß, zu dem das Konzil die Ordensgemeinschaften aufgerufen hatte: die Rückkehr zu den Quellen und zu den ursprünglichen Absichten des Gründers sowie die Anpassung des Ordenslebens an die Erfordernisse der Zeit. Ein langjähriger und intensiver Prozeß der Erneuerung der Ordensregel begann. Mit der Veröffentlichung des "Grundgesetzes und der Allgemeinen Verordnungen" des Kamillianerordens fand er 1987, in der zweiten Amtsperiode von P. Calisto als Generaloberer, seinen krönenden Abschluß.
1977: Wahl zum Generaloberen
Am 17. Mai 1977 wurde P. Dr. Calisto Vendrame beim Generalkapitel in Capiago (Como, Italien) für sechs Jahre zum Generaloberen gewählt. Seine Wiederwahl für weitere sechs Jahre erfolgte 1983.
P. Calisto ging es in seiner Amtszeit vor allem um die Erneuerung der geistlichen Fundamente des Ordens. Dazu trugen seine Rundbriefe und Publikationen viel bei. Um die Mitbrüder und Laien-Mitarbeiter besser für ihren Dienst an den Kranken zu qualifizieren, gründete er 1987 in Rom das Internationale Institut für Krankenpastoral, das "Camillianum". In Bucchianico, dem Geburtsort des hl. Kamillus, rief er Kurse zur ständigen Weiterbildung ins Leben. P. Calisto war nicht nur ein spiritueller, sondern auch ein kommunikativer Mensch. Während seines Generalates wurde das Haus der Maddalena in Rom wirklich zu einem Haus für alle Kamillianer. Um die Kommunikation mit den Provinzen des Ordens zu verbessern, führte er regelmäßige Treffen der Ordensleitung mit den Provinzialen ein. Zu einem Höhepunkt seiner Amtszeit wurden 1986/87 die Feiern zum 400. Jahrestag der Anerkennung des Kamillianerordens.
Ein besonderes Naheverhältnis hatte P. Calisto zu dem Säkularinstitut der Kamillianischen Schwestern, das 1981 in Österreich gegründet worden war. Bis zuletzt stand er den Frauen, die auch in Brasilien eine Gemeinschaft haben, als geistlicher Begleiter zur Seite. Ebenso durften sich die Kamillianischen Familien seiner großen Förderung erfreuen, die sich 1983 in Österreich gebildet hatten und sich dann auch in Osteuropa und inzwischen weltweit ausbreiteten. Das alles waren wichtige Schritte zu der vom Konzil geforderten Mitarbeit der Laien. Zugleich ergab sich so die Möglichkeit, nun auch Laien an dem besonderen Charisma des Ordens teilhaben zu lassen. Neue Akzente setzte P. Calisto schließlich auch in der Missionsarbeit des Ordens, indem er die Gründung von internationalen Gemeinschaften anregte und auch die Provinzen zur Missionsarbeit ermunterte, die bisher keine eigenständigen Missionsgebiete hatten.
Wieder in Brasilien
Nach Ablauf seiner Amtsperiode 1989 kehrte P. Calisto nach Brasilien zurück. Im Seminar in Ipiranga in São Paulo wurde er Spiritual für die Philosophie- und Theologiestudenten. Hier konnte er auch seine schriftstellerische Arbeit weiterführen. Calisto Vendrame schrieb Artikel und Bücher, besonders über die Spiritualität und das Charisma des Ordens. Große Beachtung fand seine letzte Veröffentlichung unter dem Titel: "Die Sorge um die Kranken im Neuen Testament" - eine Zusammenfassung seiner Vorlesungen am Camillianum.
Zuletzt war P. Calisto Superior des Theologen-Seminars in Jaçanã in São Paulo. Als Mitte Jänner 2005, wenige Wochen vor seinem Tod, die Gemeinschaft der zeitlichen Professen nach Pompéia verlegt wurde, ging ihm noch ein Herzenswunsch in Erfüllung.
Bei der Feier des Sonntagsgottesdienstes am Nachmittag des 6. Februar 2005 wurde P. Calisto Vendrame in die ewige Heimat abberufen. Der Orden verdankt ihm viel. "Wir werden sehr lange brauchen, um die Lücke zu füllen, die sein Tod hinterlassen hat", schreiben seine brasilianischen Mitbrüder.
Eines der letzten Fotos: Pater Calisto (1927-2005) im August 2004
zusammen mit dem Generalrat Pater Luigi Galvani (links).
© Kamillianer 2005
[Stand: 25.12.2005]css