Kamillianer

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Das Kamillus-Lesebuch
Zeugnis eines bewegten und wegweisenden Lebens

Teil 1

Die außergewöhnliche Liebesgeschichte des hl. Kamillus beginnt mit einem Rückblick in die eigene Lebensgeschichte. Das führt zur Umkehr und zu einer neuen Lebensperspektive.

Kamillus
Kamillus verteilt bei einer Hungersnot Brot an die Armen (Ölgemälde von Andrea del Pozzo)

Die 64 Lebensjahre des hl. Kamillus von Lellis (1550-1614) bieten alles, was eine spannende Biografie ausmacht: Höhen und Tiefen, überraschende Wendungen, Leidenschaft und Hingabe. In gut lesbarer und knapper Form hat der deutsche Kamillianerpater Dietmar Weber ein Kamillus-Lesebuch erstellt und einige Aspekte des Lebens des Heiligen der Nächstenliebe zusammengetragen. P. Weber schreibt im Vorwort: „Wenn durch die Lektüre der Artikel angeregt wird, mehr über Kamillus wissen zu wollen, dann ist das Ziel der Sammlung erreicht.“
Mit freundlicher Erlaubnis von P. Dietmar Weber drucken wir Ausschnitte des Kamillus-Lesebuches in Fortsetzungen nach.

Kamillus de Lellis: Leidenschaft und Dienst

Am 14. Juli 2014 war das Gedächtnis des 400. Todestages des heiligen Kamillus von Lellis, eines Heiligen der Nächstenliebe.

Ein bewegtes, erfülltes und auch beispielhaftes Leben ist am 14. Juli 1614 in Rom zu Ende gegangen.

Vieles, was Kamillus angeregt und exemplarisch vorgelebt hat, ist heute Standard in der Sorge für Kranke. Die von ihm geforderte Aufmerksamkeit, ob der Kranke ausreichend gegessen hat, bis hin zur wöchentlichen „Dienstbesprechung“ derer, die den Kranken versorgen und pflegen, und der sehr konkreten Sorge um ein sauberes Bett: All das hat Kamillus als Krankenpfleger, Spitalsdirektor und auch als Krankenseelsorger als „Eckpunkte“ einer liebenden und zärtlichen Sorge für Kranke eingeführt.

Sicher hat dabei seine eigene Krankheitserfahrung eine wichtige Rolle gespielt, vor allem aber auch der Ruf zu einem gottgefälligen Leben, den der junge und eher abenteuerlustige Söldner in jungen Jahren erfahren hat. Im Herzen angerührt von den trostlosen Zuständen, denen die Unheilbaren und Ausgegrenzten ausgeliefert waren, entschloss Kamillus sich, den Krankendienst zum eigenen Lebensziel zu machen. Unermüdlich widmete er sich dieser Aufgabe, getragen und bestärkt durch ein auf Gott und das Evangelium ausgerichtetes Leben. Kennzeichnend war für ihn, dass er stets nach neuen Wegen suchte, um die Situation der Kranken zu verbessern.

Um seinen Vorstellungen Bestand und Dauer zu verleihen, unternahm er das nicht einfache Unterfangen, eine kirchlich anerkannte Gemeinschaft zu gründen, die „Gesellschaft der Krankendiener“ oder wie sie oft genannt wird: den Orden der Kamillianer.

Ein spannendes Leben, das, gekennzeichnet durch Leidenschaft und Dienst, in seiner Zielsetzung und Ausrichtung bis in die heutige Zeit weist.

Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte - abenteuerlich und aktuell

Das Leben des heiligen Kamillus ist eine außergewöhnliche, nicht alltägliche Biografie: geradezu eine (wenn auch nicht vordergründig) Liebesgeschichte. Das ist der Lebensweg des Kamillus von Lellis.

1550 wird er in dem kleinen italienischen Abruzzendorf Bucchianico nahe Chieti geboren. 1614 stirbt er im Alter von 64 Jahren in Rom. Lange Jahre nach seinem Tod (1746) erklärt ihn die Kirche zum „Heiligen“.

Seine Kindheit würde man heute wohl als „schwierig“ bezeichnen. Die Mutter ist bei seiner Geburt schon im vorgerückten Alter, der Vater meist nicht zu Hause. Er ist als Soldat in den damaligen kriegerischen Auseinandersetzungen unterwegs.

Die Jugendjahre sind nicht viel besser. Kamillus ist immer dabei, „wenn etwas los ist“, bei Raufereien, jugendlichen Streichen und Tollheiten. Kein Wunder, dass er so bald als möglich das dörfliche Umfeld verlassen will, um auf der Suche nach Abenteuern als angeworbener Söldner mit dem Vater auf die Schlachtfelder zu ziehen. Immerhin verspricht so ein Leben Abwechslung, Herausforderungen und mit etwas Glück sogar Karriere und Reichtum, zumindest handfeste Beute.


Kamillus von Lellis, Fenster in der Bürgerspitalkirche Eferding OÖ.

Das ist in jungen Jahren die Welt des Kamillus. Stundenlang kann er seiner Leidenschaft, dem Karten- und Würfelspiel, folgen. Dafür finden sich unter den Söldnern immer bereitwillige Kumpane. Das Soldatenleben bringt ihm die gewünschte Abwechslung, und selbst wenn er in Gefahr gerät, gilt ihm das als Herausforderung.

Dieser Lebensabschnitt endet abrupt, als Kamillus sich eine Wunde über dem Knöchel am rechten Fuß zuzieht. Zunächst wenig beachtet, beeinträchtigt sie ihn doch mehr und mehr. Ein fußkranker Soldat! Was soll man mit dem anfangen? Er wird aus dem Söldnerdienst entlassen.

Damit steht Kamillus buchstäblich auf der Straße. Vor lauter Lebens- und Abenteuerhunger hat er sich nichts aufgebaut. Der letzte Sold ist schnell verbraucht, die Gewinne aus dem Glücksspiel reichen nicht weit. Es bleibt ihm nichts anderes übrig als zu betteln. Alle Wünsche, Träume, Illusionen - dahin!

Eher aus Mitleid denn aus echter Notwendigkeit stellen ihn Kapuziner als Bauhelfer auf einer Klosterbaustelle an. Kamillus schleppt Steine und Baumaterial, nicht aus Leidenschaft sondern aus purer Not. Mehr als einmal will er den Kram hinschmeißen, aus der Klosterenge wieder in die Abenteuerwelt zurückkehren.

Eine ungewöhnliche Begegnung mit Pater Angelo wird zum Denkanstoß für eine Lebenswende: „Kamillus, du kannst mehr, du kannst Größeres leisten!“. Der Satz trifft Kamillus im Herzen und irgendwie auch in seiner Sehnsucht nach einem anderen Leben.


 

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