Ein Bericht von Alois Pichler von der Pfarrcaritas Grieskirchen
Pfarrwallfahrt 1997, Ziel: Máriapócs; weiters Besuch bei Pater Anton Gots in Nyíregyháza. Dieser war uns allen als Gründer des Behindertendorfes Altenhof bekannt.
Die Anreise erfolgte über die Slowakei. Warum der Busfahrer nach Levoca die vorgesehene Route verließ und eine für den Busverkehr gesperrte Straße fuhr, konnte er im Nachhinein nur damit erklären, dass er es eben versuchen wollte. Jedenfalls kamen wir so in den „Genuss”, eine große Zigeunersiedlung im Schritt-Tempo zu durchfahren, und waren sichtlich beeindruckt von den armseligen Behausungen und der Bekleidung der Bewohner. Auch das vielstimmige nächtliche Hundegebell rund um das Quartier in Nyíregyháza tat ein Weiteres, um am nächsten Tag sehr intensiv der Schilderung von Pater Gots über seine aufopfernde Arbeit und den Nöten vor Ort, in den Altersheimen, im Krankenhaus, unter Randgruppen usw. zu lauschen.
Dass dabei einige mit dem „Kamillus-Bazillus” angesteckt wurden, konnten wir nicht ahnen. Auch nicht, als auf unsere Frage, wie wir denn helfen könnten, von Pater Gots (den ich Pater Anton nennen will) die Antwort bekamen: „Schickt mir alles, was ihr nicht mehr braucht!”
Mit Feuereifer gingen wir nach der Rückkehr ans Werk und sammelten unter anderem 30 Krankenhausbetten, Matratzen, Bettwäsche, 550 Bananenschachteln voll Kleider, Wäsche, Möbel, Kinderspielzeug usw. Natürlich konnte diese Menge nur ein Sattelzug bewältigen, der all diese Dinge zu Pater Anton bringen sollte. Damit wäre unsere Hilfszusage erledigt gewesen. Doch „leider” war die Menge zu groß, es blieb ein Rest! Was tun?
Das Resultat bis jetzt sind 40 Sattelzüge mit etwa 600 Tonnen Hilfsgütern, darunter ca. 25.000 Bananenschachteln mit Bekleidung, Wäsche, Bettzeug usf., 250 Krankenhausbetten, 685 Matratzen, 820 Schachteln Geschirr und Küchenartikel, 2.281 Schachteln mit ca. 20.000 Schuhen, Medikamente, Möbel, Öfen, Schulsachen, usw. usw. Natürlich gab es auch immer wieder finanzielle Zuwendungen von der Missionsarbeitsrunde und anderen Spendern. Dass für die Mitarbeiter dabei natürlich kein Geld übrig bleibt, ist klar. Deshalb wurden und werden sie nach getaner Arbeit mit der „Vatikanwährung”, einem herzlichen „Vergelt's Gott!” und ab und zu mit einer Jause entlohnt.
Genug des Lobes für die Geberseite! Wie schaute es aber auf der anderen Seite, der Nehmerseite aus? Von Anfang an war es mir ein Bedürfnis, so manchen Hilfstransport auch persönlich zu begleiten, damit ich zu Hause vom positiven Verlauf unserer Aktion berichten und auch Rechenschaft über die Spenden abgeben konnte. Dabei wurde mir das riesige Ausmaß der von Pater Anton initiierten Gesamtaktion immer mehr bewusst. Von überall aus Österreich wurde „angeliefert” und an Bedürftige verteilt. Die gerade am Beginn nicht im geeigneten Ausmaß vorhandene Lagerkapazität löste unser Spediteur Franz Grilleneder auf seine Weise; er lieferte einfach einen großen Container und stellte ihn Pater Anton vor die Tür.
Dass er die Verteilung dieser Unmenge von Hilfsgütern neben seiner priesterlichen Tätigkeit bewältigen konnte, bedurfte guter Mitarbeiter; eine davon ist Schwester Hilde Weidinger. Als ehemalige OP-Schwester konnte sie ihr Fachwissen zum Wohle Bedürftiger, aber auch für Pater Anton einsetzen, der ja durch seine Behinderung und seine anderen Leiden auf Hilfe angewiesen war.
Dieser unermüdliche Einsatz hinterlässt natürlich seine körperlichen und seelischen Spuren. Zu Recht wurde Pater Gots in einem Zeitungsbericht als nimmermüder Freund der Armen und Behinderten genannt. Mit der Zeit wurde aber allen Freunden von Pater Anton klar, dass seine körperlichen Kräfte, die er immer wieder aus seinem gelebten Glauben schöpfen durfte, zur Bewältigung dieser Aufgaben nicht mehr ausreichen würden. Trotz dieses Wissens traf uns die Nachricht, dass wir nach dem Abgang von Pater Anton und Sr. Hilde keine Hilfsgüter mehr nach Nyíregyháza anliefern können, sehr.*) Dass dies auch bei den übrigen Helfern in Österreich der Fall ist, kann ich mir gut vorstellen. Immerhin war es Pater Anton gelungen, einen lebendigen Spendenorganismus, der von Ungarn aus auch die Ukraine und Rumänien mit einbezog, aufzubauen.
Wie viel mehr muss es aber die notleidenden Menschen und die caritativen Organisationen vor Ort treffen, wenn diese humanitäre Quelle nun versiegt. Diese Menschen konnten die Kraft unseres Glaubens durch Taten erspüren und erleben. Ich glaube, dass der Namensgeber des Ordens, der hl. Kamillus von Lellis, auf seinen „Vertreter Anton” stolz herunterblicken kann. Für mich, meine Frau und die anderen Mitarbeiter war die Zusammenarbeit mit Pater Anton eine große Bereicherung. - Danke, Pater Anton Gots!
*) Tatsächlich ist das eine Fehlinformation. Hilfsgüter werden weiterhin dringend benötigt; die Armut in Ostungarn wächst. Die Anlaufadresse und die Verteilung geht jetzt jedoch nicht mehr über das Kamillianerkloster, sondern über die Caritas Nyíregyháza.
© Kamillianer 2010 - [Stand: 04.10.2010] zurück